Umgang mit Druck und Einflussnahme am Beispiel der PBZ Pestalozzi-Bibliothek Zürich
Haltung zeigen, auch unter Druck: Die PBZ Zürich zeigt, wie Bibliotheken mit Kritik, Kontroversen und gesellschaftlicher Vielfalt umgehen können.
Foto: Erik Torres / Unsplash+
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Welche Strategien sich in Schweden laut einer langjährigen Studie bewährt haben, um als Bibliothek demokratisch und offen zu bleiben.
Im Herbst 2022 nahm die normalerweise ruhige Sitzung des lokalen Parlaments in Kalmar eine unerwartete Wendung. Die kleine Gemeinde in Südschweden geriet plötzlich in einen politischen Sturm – aufgrund einer Veranstaltung für Kinder in der lokalen Bibliothek.
Der Auslöser war die Drag Story Hour – ein Programm, bei dem Dragqueens Kindern Geschichten vorlesen. Für den Vertreter der rechtsextremen Schwedendemokraten (SD) war diese Veranstaltung inakzeptabel. Er kritisierte sie scharf und forderte ihre Absage. Seine Aussagen riefen schnellen Widerspruch bei politischen Gegnern, Journalisten und Wissenschaftlern im ganzen Land hervor, die sowohl seine Argumentation als auch die Vorstellung infrage stellten, dass Politiker in die tägliche Programmgestaltung öffentlicher Bibliotheken eingreifen sollten.
Der Konflikt in Kalmar war kein Einzelfall. In den letzten Jahren hat die Drag Story Hour in Gemeinden überall in Schweden hitzige Debatten ausgelöst, ganz im Einklang mit einem internationalen Trend. In den Vereinigten Staaten haben ähnliche Veranstaltungen heftige Gegenreaktionen von rechts ausgelöst, zeitgleich mit einer Welle von Buchverboten – viele davon zielten auf Werke mit LGBTQ+-Themen ab. Drag Story Hour berührt denselben kulturellen Nerv, indem sie traditionelle Vorstellungen von Gender und Sexualität in öffentlichen Räumen – und das vor Kindern – infrage stellt. Für einige ist es eine fröhliche Feier der Vielfalt; für andere eine bewusste Provokation – ein Auslöser im Kulturkampf. Diese gegensätzlichen Ansichten wurden auch in Schweden deutlich, wodurch öffentliche Bibliotheken und insbesondere deren Kinderprogramme ins Zentrum der landesweiten Kulturdebatten gerieten.
Diese Entwicklung wirft beunruhigende Fragen auf: Was geschieht, wenn Bibliotheken, eigentlich Orte des Lernens und des Zugangs zur Kultur, zu ideologischen Schlachtfeldern werden? Wie beeinflusst dies ihre Rolle in der Förderung demokratischer Strukturen und dem Zugang zu Informationen? Und wie können sie in der gegenwärtigen politischen Lage sichere Räume für alle bleiben?
Auf dem Spiel steht nicht nur eine einzelne Vorleseveranstaltung, sondern die grundlegende Frage, wie öffentliche Institutionen mit einer zunehmend polarisierten politischen Landschaft umgehen sollen – geprägt vom Wiedererstarken der radikalen Rechten, einer Vertiefung wertebasierter Spaltungen und einer wachsenden Bereitschaft, Angst als politische Waffe einzusetzen.
Basierend auf mehreren Studien haben meine Kolleginnen und Kollegen und ich festgestellt, dass Bibliotheken im Kulturkampf am besten bestehen, indem sie Kontroversen nicht ausweichen, sondern antagonistische Spannungen in demokratische Dialoge verwandeln. Statt bei Angstkampagnen zurückzuweichen, sollten Bibliotheken auf Transparenz, sachliche Argumentation und strukturierten Dialog setzen. Das entschärft nicht nur Spannungen, sondern demonstriert der Gemeinschaft zugleich demokratisches Engagement. Die Superkraft dieses Ansatzes? Öffentliche Institutionen bleiben für alle zugänglich und beugen sich nicht Einschüchterungsversuchen. Konkret bedeutet dies:
Zusammengefasst geht es bei der Verteidigung der Drag Story Hour nicht nur um einen Nachmittag mit Geschichten – es ist ein Test, ob öffentliche Bibliotheken in Zeiten politischer Polarisierung demokratische Räume bleiben können. Die richtige Strategie stellt sicher, dass Bibliotheken die politischen Herausforderungen unserer Zeit nicht nur bestehen, sondern aktiv dazu beitragen, demokratische Prozesse und Praktiken zu fördern und zu stärken.
Die Kernbotschaft lautet: Zu den Programmentscheidungen stehen – offen, klar und wertebasiert – und gleichzeitig strukturierte Räume für respektvolle Debatten schaffen.
Ziel sollte es sein, die Türen offen, die Gespräche lebendig und den demokratischen Raum der Bibliotheken intakt zu halten.
Haltung zeigen, auch unter Druck: Die PBZ Zürich zeigt, wie Bibliotheken mit Kritik, Kontroversen und gesellschaftlicher Vielfalt umgehen können.
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