Dieser Text ist im Geist künstlerischer Freiheit entstanden und teilt persönliche Perspektiven und Eindrücke des Autors. Wir verstehen künstlerischen Ausdruck als wichtigen Bestandteil einer lebendigen Demokratie. Faktor D bietet dafür den Rahmen, ohne die inhaltlichen Aussagen zu verantworten; diese liegen bei dem Autor.
Prolog
Ein Wind geht um - er fröstelt leicht
ein Hauch von Tau liegt auf dem Fenster
die Wolken ziehn am Firmament Grimassen
huschen hektisch vorwärts wie Gespenster
Die warmen Tage wirken nun
wie eine Erinnerung an gestern
Weißt du noch, wir standen Hand in Hand
zwischen Brüdern, zwischen Schwestern
Mit Eifer und Courage zementiert in die Visage
vor einer Baustelle von morgen
Weißt du noch, wir sagten, wir machen’s besser
also mach dir keine Sorgen
Wir machen die Gesellschaft jetzt gerechter
Solidarität wird echter
das Jahrhundert Einundzwanzig
wird das, in dem jeder Mensch sein Recht hat
Wo die Wälder grün, das Wasser klar
wo die Natur - jeden Tag nur auf dich wartet
wo man aus Toiletten trinken kann
zumindest sagt das Robert Habeck
Doch die Demokratie, sie ist im Herbst
und der Zusammenhalt wirkt kalt
viele Blätter über Menschenrechte
liegen braun auf dem Asphalt
Manch Klimaziel liegt gar begraben
unter Akten falscher Fakten
manch Kurs der Politik wirkt so
als ob wir es ordentlich verkackten
Der Wind von rechts weht schneller
und bläst in viele Segel
der linke Gegenwind analysiert indes
anhand der Dialektik nach Hegel
These - wir haben ein Problem
Antithese - das haben wir selbst verschuldet
Synthese - die Demokratie braucht einen neuen Frühling
Wir haben Passivität viel zu lange schon geduldet
Und winter is coming - so brace yourselves
and embrace the power that you got
Schon Alice Walker sagte,
erst wenn Menschen glauben, sie haben keine
verlieren sie ihre Macht
Also machen wir’s diesmal wirklich besser
mit einem Kurs, der die Ziele aller auch vertritt
mit drei Tagen voller Mitmacht
mit einem Namen, der uns einlädt - traut euch und macht mit!
Erster Akt – Einatmen
Stell dir vor, es ist Demokratie und keiner geht hin. Dieses Szenario musste vom 19.-21. November in Wien niemand fürchten. Eine alle Erwartungen übertreffende mutige Meute aus dem Dach-Raum machte die Stadt drei Tage lang zum Wachtraum. Ein Ort für kühne Ideen, edukative Labore als Tore, durch die wir gehen - in eine demokratischere Zukunft.
Die ersten Schritte gingen wir mit Körperfunk ins Radioballett Richtung Wohlstandsparadox. Anfangs vage und perplex, eine Stirn, die sich runzelt, ein verlegenes Schmunzeln. Am Ende liegt mein Schuh in der Ecke, während ich Kleingeld verchecke und „Gewinnmaximierung“ krächze.
Den zweiten Schritt macht Skug mit fiesen Fragen, kann unsere kollektive Intelligenz die Maschine schlagen? Aus dreißig Menschen mach ein Parlament mit Denis, Conny und Manfred, der seinen Job fast verliert, weil er zu systemkritisch rangeht.
Aufgewärmt und eingestimmt machen wir den letzten Schritt des Abends in das Palais Wertheim, denn heute gehen wir erst heim, wenn der erste Satz des neuen Drehbuchs für unsere Zeit geschrieben ist.
Das Set bereit, die Bühne frei,
Kamera, Ton, Licht und Action
mit Jeannette Gusko, denn sie weiß am besten
die Autoritären haben ihre Hausaufgaben gemacht
lasst uns das nicht vergessen
suchen wir nach unbequemen Allianzen
nicht mehr nach perfekten
wir verlieren das Rennen an die Rechten
während wir uns nur in Bubbles
und Moraldiskurs verstecken
Das Problem ist nicht die Macht, es ist Ohnmacht
damit wird der Stillstand faktisch
also lasst uns ein Verband aus Flotten sein
statt ein singuläres Flaggschiff
lasst Mitmacht der Beginn sein
von einer Machtverschiebung dahin
dass wir auch hier bald sagen können
the name is Mamdani
Doch erstmal war der Name Max
Max Bohm betrat die Bühne
mit einem Plädoyer für Vorstöße mit „Zukunftslust”
das Playbook 2029 braucht eine Menge Mut und muss
1. Kleinere Einheiten und Themen definieren
2. Für alle Themen kollektive Ziele eruieren – und
3. Wird die Strategie erst ganz mit einer spürbaren Allianz
Den Schlusspunkt für die erste Seite neues Drehbuch
setzen Strobl, Binswanger und Ringler
an Nina Schniders Seite, die erinnert
das Project 2025 ist zur Hälfte schon erreicht
wenn unsere Antwort nicht bald greift
ist Demokratie eher vorbei
Natascha Strobl nennt’s beim Namen
was wir sehen, ist Faschismus
und lustvolle Gewalt
wo demokratische Räume oft exkludieren
schaffen Autoritäre Zugehörigkeit
Demokratische Sprache darf einfach sein:
Wo stehe ich? Wohin will ich? Wie komme ich dorthin?
Und für ein solidarisches Bild
braucht es Politik, die jedes Grundbedürfnis stillt
Daniel Binswanger schaut aufs große Ganze
und sucht systemische Veränderung
statt Verantwortung bei Einzelnen
statt Krisendiagnosen
Narrative, die uns weiter bringen
das rechte Ideal der Welt wird täglich neoliberaler
die linke Antwort gelingt nur, wird sie endlich radikaler
Marie Ringler sagt hingegen schon
ich als Individuum sollte mir die Frage stellen
was kann ich am besten tun
für Räume ohne Ausgrenzung
für Wirksamkeit und Teilhabe
denn Menschen wollen handeln!
Wenn die Politik nicht reformierbar ist
muss die Gesellschaft sich verwandeln
drum schauen wir auf das, was uns täglich schon gelingt
da das die nächsten Seiten für das Zukunftsdrehbuch bringt
Zweiter Akt - Sauerstoffrausch
Stell dir vor, es ist Mitmacht und alle haben Bock. Der Donnerstag, der seinen Namen übrigens von Thorstag hat, wurde seinem Namen gerecht und schlug ein wie ein Hammer.
17 Workshops und Inputs - so viel Puste für Demokratie, da braucht man fast einen Windschutz.
Zwischen dritten Räumen ohne Konsum und Verpflichtung und raus aus den Baseballschlägerjahren in eine Richtung von Beteiligung und Collective Action anhand von vier Phasen, also gehen wir raus aus den Blasen und rein in Empathie und Verständnis für Community und Bündnis zwischen Gemein und Gemeinwohl, dann können wir auch die KI in die Demokratie mit Verantwortung reinholen. Lassen wir stabile Kampagnen mit Wirkung aufleben, Veränderung steht nicht von selbst – nein, wir müssen für sie aufstehn. #aufstehn
Wenn wir’s nicht tun, tun’s andere. Jene, die uns spalten wollen, haben uns im Visier – ob sie mit Hass im Netz nun attackieren oder Gruppen dämonisieren. Wenn die Winde wieder rauer werden, braucht es Räume voller Schutz, mit Netzengeln und medialer Kraft, denn der Feed gehört uns. Füttern wir uns lieber gut vertreten in Bürger*innenräten mit einer Perspektivenvielfalt, teilen wir an Tischen rund und eckig, was jeder Blick zum Ziel hat und bleiben hungrig für das, was das Gegenüber zu erzählen hat. Brechen wir das Brot der Erkenntnis und teilen das Injera.
Einen Platz am Tisch zu haben, ist jedoch ein Privileg. Dass wir hier sein und imaginieren können, ist nicht allgemein gegeben. Wie man damit unseren Nachfahren ein Beispiel für Menschlichkeit und Würde zeigt, fragt sich Kübra Gümüşay. Denn hier sein zu dürfen, muss auch heißen, sich zu fragen: unser Wohlstand steht auf wessen Rücken? Das Blut welcher Menschen klebt an den Dingen, die uns schmücken. An welchen Kriegen sind wir beteiligt seit zig Jahren – von Palästina bis Sudan?
Mit einer Brandrede für reale Utopien weiß Kübra den Wind da draußen einzufangen. Die Ohnmacht der Mächtigen ist eine Illusion, an der man sehr leicht scheitern kann. Wir finden eine Utopie für alles, wenn wir Entfremdung überwinden, in Taten und in Worten. Denn wir sind nicht auf der Welt, um uns in ihr zu verlieren, sondern zu verorten.
Nach dieser Watschen Sauerstoff, reichte unsere Power noch für das Laborieren, um Demokratien zu sezieren und Konzepte zu schmieden für das Playbook der Zukunft. Mit Scharfsinn und Tiefe machten sich fünf Kollektive an fünf Gebiete – von Beteiligung bis Emotion, vom Changemaker Village über Orte des Alltags hin zu digitaler Vision.
Ein acht Stunden Atemzug mit einer großen Prise Wagemut. Heute fühlt der Blick nach oben sich so an, als hätten die Wolken sich gelichtet – und als hätte der warme Wind im Rücken sich wesentlich verdichtet.
Dritter Akt – Ausatmen
Stell dir vor, es ist Finale und bald sind alle weg. Mit etwas Wehmut und noch mehr Motivation im Gepäck, begann der Tag Drei.
Und wie ginge das besser als mit dem Thema Zuversicht. Eine Gesellschaft der Hoffnung braucht jede Menge Mut und nicht zu komplexe Sprache für die gemeinsame Sache, nicht nur kompetente Medien, auch Medienkompetenz und ein Bewusstsein dafür, dass jede Emotion im Kern mit Identität verbunden ist. Dass eine Geschichte über Resilienz auch eine über Wunden ist. Und Wunden haben alle – aber manche sind systemisch.
Ein System der Ungleichheit bleibt in der Absicht immer ähnlich, es schafft Marginalisierung, außer du bist straight, männlich und weiß. Es schafft für jede Existenz strukturelle Ismen, so if we wanna change something, let’s crush the binary and Cis-tem.
Let’s co-create democracy with a digital identity – und vergessen dabei nie: Demokratie braucht die Marie. (Erklärung / spannend im Patriarchat / double standards)
So pustet es uns ein letztes Mal mit Wonne in die Workshops. Mit Vielfalt, Bürgermut und kritisch klicken in digitale Resilienz, mit TikTok bis ins Parlament, mit Kollabos in die Zukunft, mit der Jugend in die Stadt, denn nur wer gehört wird, findet letztlich statt. Es pustet uns - mit Herz ins Ehrenamt – und ich kann mir nicht helfen, doch darauf reimt sich, Friedrich Merz ist kein Ehrenmann. Und dass sich eine solidarische Demokratie gegen ein rassistisches Stadtbild wehren kann.
Und bleiben wir dabei auch ehrlich – wir sind nicht gleich. Wir sind gleichwertig. Audre Lorde hat gesagt, zu behaupten, wir wären gleich, verkennt die Tatsache, dass wir die Welt unterschiedlich erleben. Wir sind unterschiedlich von ihren Schieflagen betroffen. Ganz egal, wie offen unsere Tür und ob die Absicht ehrenwert ist – für strukturellen Wandel braucht es Self-Awareness.
Auch die Speaker*innen sagten:
Erst wenn wir die post-migrantische Gesellschaft transalpin verstehen, können wir nationalen Fantasien von „Wir“ und „die Anderen“ entfliehen.
Erst wenn wir einen Rollenwechsel wagen und durchs Fragen besser sehen – kann eine echte Ausgabe von Diversität in der Bibliothek von morgen stehen.
Erst wenn wir uns das Umverteilen trauen, hat Wirtschaft einen Sinn. In der Schweiz – of all places – kriegen sie das schon ganz gut hin.
Erst wenn wir Kunst und Kultur als Begegnungsraum mitdenken, lässt sich Community mit radikaler Mitmacht auch verschränken.
Erst wenn wir uns einen Fuck Up leisten und offen drüber sprechen – können wir den Teufelskreis Scham und Schuld auch brechen.
Erst wenn sich Österreichs Justiz zu Punk bekennt und offen sagt, der Bulle brennt, lässt sich die Hoffnung auch entdecken, man kann Systeme hacken.
Erst wenn wir bei all dem Feuer, das wir in uns tragen, darauf achten, selbst nicht zu verbrennen – können wir den Unterschied zwischen „das muss ich tun“ und „das muss getan werden“ auch erkennen.
Epilog
Ein Wind geht um – er wärmt von innen
die Lunge fühlt sich groß an
auf der Baustelle von morgen
gibt der Mitmachtpresslufthammer einen Ton an
Der mir Mut zur Hoffnung macht
der radikal imaginiert
der jeden Raum des Miteinanders
zum Labor der Zukunft konstruiert
Weißt du was, ich glaub
wir sind noch nicht ganz da
doch die entschlossenen Hände hier und da
sagen mir, da wird was wahr
Da wird eine Antwort formuliert
auf etwas, das uns lähmte
doch wie der Ton der Mitmacht
bildhaft jetzt erwähnte
Geben wir Beteiligung
endlich eine neue Bühne
auch wenn die Demokratie gerade kalt ist
nach dem Winter kommt der Frühling