Wir sind jetzt #EmotionalVerfügbar
Es ist so weit: Wir starten unsere vierte Mission „Emotional verfügbar“. Diesmal trommeln wir Expert*innen und Organisationen zusammen, um gemeinsam Gefühle als politische Gestaltungskraft zu stärken.

Foto: Getty Images / Unsplash
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Lehrlinge brauchen mehr Demokratieangebote. Neue Ideen für Berufsschulbibliotheken können hier helfen, sagt Karlheinz Boss vom österreichischen KUS Netzwerk.
Demokratie muss erlernt, geübt und erlebt werden. Und das möglichst früh. Während Schüler*innen idealerweise über Projektarbeiten, gemeinsame Aktionen, fächerübergreifenden Unterricht, Exkursionen und Veranstaltungen Demokratie im Schulalltag fast täglich erleben können, fehlt dieser Zugang bei Lehrlingen in diesem Ausmaß.
In Österreich zumindest sind Firmen bzw. Lehrbetriebe selten demokratisch organisiert. Lehrlinge erleben somit wenig Mitbestimmungsmöglichkeiten. In ihrem Alltag gibt es kaum Gelegenheiten, sich zu organisieren, Meinungen gemeinsam zu reflektieren oder aktiv an gesellschaftlichen Fragen mitzuarbeiten. Für diese große Gruppe – es waren Ende 2024 allein in Österreich über 100.000 junge Menschen – besteht die Gefahr, dass sie Demokratie als etwas Abstraktes oder gar als irrelevant erleben. Das muss nicht so sein.
Ein Fünftel ihrer Ausbildungszeit verbringen Lehrlinge in der Berufsschule. Seit den 1970er Jahren ist das Unterrichtsfach „Politische Bildung“ ein Pflichtgegenstand in der Berufsschule. Das ist die gute Nachricht. Das Klassenzimmer als Lernraum ist allerdings begrenzt in seinen Möglichkeiten. Einige Lehrpersonen nutzen deshalb gelegentlich entsprechende Angebote außerhalb des Klassenzimmers; zum Beispiel eine Führung im Parlament, den Besuch von Gedenkstätten oder eine Ausstellung in einem Museum, um den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten. Solche Exkursionen können aus verschiedenen Gründen aber nur selten stattfinden. Was fehlt, sind niederschwellige und dauerhafte Angebote im Alltag von Lehrlingen, die einen praktischen Bezug zur eigenen Lebenssituation herstellen.
Dort, wo es Bibliotheken in Berufsschulen gibt, sollten diese Orte Angebote bereitstellen, um Demokratie für Lehrlinge erlebbar zu machen. In Wien haben wir mit unserem Verein KUS-Netzwerk in der ehemaligen Schulbibliothek des Zentralberufsschulgebäudes das ZIP eingerichtet, das Zentrum für Information & Partizipation.
Statt „nur“ Bücher bereitzustellen, versteht sich das ZIP als Konzept mit entsprechenden Schwerpunkten in einer Bibliothek verortet. Das heißt, wir stellen unter anderem Unterlagen zur Politischen Bildung bereit, präsentieren partizipative Projekte und organisieren Veranstaltungen und Workshops. Hierbei arbeiten wir eng mit anderen Einrichtungen und Kooperationspartner*innen zusammen. Wir wollen so die Kompetenzen von Lehrlingen stärken, am öffentlichen Leben teilzunehmen und sich mit aktuellen und (zeit-)geschichtlichen politischen Themen auseinanderzusetzen.
Lehrlinge können den Raum aber nach wie vor als Schulbibliothek und Pausenraum nutzen, das heißt Bücher ausborgen, Brett- und Kartenspiele spielen oder einfach nur das kostenlose Angebot von Tee und Kaffee nutzen und entspannen.
Die Transformation einer Schulbibliothek in einen demokratischen Erfahrungsort ist ein Prozess, der wahrscheinlich nie abgeschlossen werden kann. Themen, Zeiten, Wünsche und Ansprüche verändern sich und dementsprechend verändert sich der Raum und das Angebot. Wir lernen durch den täglichen Austausch mit den Lehrlingen ihre Lebenswelt besser kennen und können so auf aktuelle Bedürfnisse reagieren. Der partizipative Ansatz bei der Auswahl neuer Literatur bietet das ganze Jahr hindurch die Möglichkeit, aktiv mitzubestimmen und zeugt von einer ungebrochenen Begeisterung fürs Lesen.
Das ZIP ist ein Ort, an dem die eigene Meinung reflektiert werden kann und kritisches Denken gefördert wird. Dazu dient auch die bereitgestellte Literatur. Über Bücher entstehen oft interessante, teilweise auch kontroverse Diskussionen. Sind die Lehrlinge im Rahmen ihres Unterrichts bei einem Workshop im ZIP, können sie erleben, dass Demokratie nicht heißt, alle müssen dieselbe Meinung haben, sondern wie ein Zusammenleben verschiedener Meinungen funktionieren kann und welche Vorteile Diversität in sich birgt.
„Red ma Politik“ ist nur ein Beispiel für eine gelungene Veranstaltung in Kooperation mit den Partner*innen von „WienXtra“ der Stadt Wien. Dabei wurden Politiker*innen ohne Presse und Begleitpersonen aller im Gemeinderat vertretenen Parteien zu einem ehrlichen und offenen Austausch mit den Lehrlingen eingeladen. Die Berufsschüler*innen konnten ihre Anliegen und Fragen in einem geschützten Rahmen vorbringen.
Politische Prozesse besser zu verstehen, sich eine eigene Meinung zu bilden und einmal mit Politiker*innen in direkten Austausch zu treten, waren die Hauptziele dieser Veranstaltung. Sie hat während der Schulzeit stattgefunden und wurde für die Lehrlinge dank der Unterstützung von Direktionen und Lehrpersonen zu einem aufregenden Tag. Die Gespräche mit den Berufsschüler*innen auch noch Tage nach dieser Veranstaltung haben gezeigt, dass solche Begegnungen nachhaltig auf junge Menschen wirken und Interesse an der Politik und politischen Prozessen wecken können.
Wenn eine Schulbibliothek nicht nur als Ort der Buchausleihe verstanden wird, sondern in erster Linie als Raum für Politische Bildung und Partizipation, dann können junge Menschen auch abseits vom Regelunterricht erfahren, was mit Demokratie noch gemeint ist.

Es ist so weit: Wir starten unsere vierte Mission „Emotional verfügbar“. Diesmal trommeln wir Expert*innen und Organisationen zusammen, um gemeinsam Gefühle als politische Gestaltungskraft zu stärken.
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Im Sommer haben wir in einem Open Call nach Projektideen für einen Demokratie-Guide für Bibliotheken gesucht. Zeit für ein Update aus dem Prozess.